Entstehung 0711

In Stuttgart gab es bereits mehrere Versuche ein vereinsunabhängiges & sozialpädagogisches Fanprojekt ins Leben zu rufen. Ende der 80er Jahre gab es erste überzeugte Fachkräfte & Fußballfans, mit denen sich schließlich Stadt & Fußballverein 1991 zu ersten Gesprächen zusammensetzten. Eine Gründung scheiterte bereits damals nicht nur an mangelndem Verständnis & Einsicht gegenüber der Organisationsstruktur & ihrer Finanzierung. Auch wollte man der notwendigen sozialpädagogischen Arbeit nicht die Bedeutung beimessen, wie man es an anderen Standorten glücklicherweise schnell zu begreifen vermochte.

In Stuttgart waren vor allem pädagogische Konzepte der Sozialraum- und Stadtteilbezogenheit beliebt und so manche städtischen Player wollten von ihrer Position, ihren scheinbar erhabenen & unantastbarer Persönlichkeiten in ihren Reihen sowie deren Haltungen & Überzeugungen nicht abrücken. So war ein weiterer Versuch zwischen 2000 – 2001 dem Untergang geweiht.

Man sorgte sich um eine Welle an Bedarfen & Finanzierungsanforderungen, würde man der sozialarbeiterischen Zielgruppenorientiertheit in Stuttgart eine Daseinsberechtigung beimessen, zumal vorhandene Regelangebote ausreichen würden. Zudem blickte man missmutig & skeptisch auf damalige sozialpädagogische Pioniere aus Fankreisen, obwohl das Gelingen sozialpädagogischer Fanprojektarbeit an anderen Standorten kaum mehr zu ignorieren war. Potentiell kritischen Vertreter:inen der Profession der Menschenrechte wollte man in 0711 jedoch auch weiterhin unter allen Umständen kein Mitreden ermöglichen, keine Bildfläche geben.

Die Frage der Deutungshoheit verschiedener Ansichten beendeten auch jener Prozess nicht, den die WM 2006 mit der Initiierung einer Fanbotschaft in Stuttgart anstieß. Sie hätte die Gründung eines Raums für Fußballfans, begleitet durch hauptamtliche Sozialpädagog:innen, bereits 2007 bedeuten können. Doch als selbst nach über 20 Gesprächsterminen in den Jahren 2009 – 2011 keine Klarheit in Fragen der Finanzierung & der Umsetzung gefunden werden wollte, waren jegliche Energien & Lust der langjährig befürwortenden Menschen aufgebraucht.

Man hatte schlicht & ergreifend weder Energien noch Zeit übrig, um der Gegenwehr an wechselnden Fronten und der zunehmend unsachlich anmutenden Debatte weiter Paroli zu bieten. Zumal der VfB 2010 eigene Wege ging & sich selbstständig um die Finanzierung eines eigenen Sozialarbeiters bemühte, der fortan herausragende Arbeit für die Fanszene & den Verein leistete. Ergo konnte auch in den darauffolgenden Abstimmungen des Stuttgarter Gemeinderats in den Jahren 2011 und 2013 keine Mehrheit für die Gründung eines Fanprojekts gefunden werden. Spätestens damit hatte man die Muße & Geduld der Ultras endgültig überstrapaziert und die Gunst der Aktiven der Cannstatter Kurve schlussendlich vollends verspielt. So blieb unsere Landeshauptstadt und ihr Bundesligist weiterhin – bundesweit einzigartig – ohne vereinsunabhängiges sozialarbeiterisches Fanprojekt.

Die Fehlentscheidungen der Vergangenheit prägen auch heute noch unsere Arbeit, sowohl auf strukturellen Ebenen in Richtung Bezugsverein & Netzwerk, als auch in Bezug zur alltäglichen & wöchentlichen Arbeit mit Adressat:innen der Cannstatter Kurve. Nicht auszumalen, wie Fanprojektarbeit sich auch an diesem Standort gestalten ließe, hätten Entscheidungsträger vor Jahrzenten mit ihren unbelehrbaren Sichtweisen & Meinungen die Initiierung eines Fanprojekts nicht verhindert und damit nicht viele VfB Fans maßlos enttäuscht & verprellt. Auch wenn ein rigoroses nein zum Fanprojekt mittlerweile mehrheitlich beinahe nur noch aus der zentralen Mitte der Cannstatter Kurve zu vernehmen ist, bleibt unsere Arbeit durch die Geschichte an diesem Standort unauflösbar erschwert & anders.

Ein Drahtseilakt, mit Samthandschuhen & undurchsichtigen Fäden. Ab 2015 sollten politische Winde, Initiator:innen & das Timing jedoch derart passend für alle Entscheidungstragenden sein, dass die Gründung eines eigenständigen Trägervereins durch den Doppelhaushalt 16/17 zur Überraschung aller gelang. Am 01.09.2016 wurde schließlich der eigenständige Trägerverein Fanprojekt Stuttgart e.V. gegründet.

Die rein operative Arbeit für Team ROT begannen Andreas Kirchner und Jörg Reinhardt am 01.01.2017. Sie legten die ersten Grundsteine sozialpädagogischer Fanprojektarbeit in der Landeshauptstadt Stuttgart. Andreas Kirchner zog es im Sommer 2020 zurück in die Heimat, sodass ab November des gleichen Jahres Can Mustafa erste Erfahrungen im Bereich der sozialpädagogischen Fanprojektarbeit sammeln durfte.

Für fast zwei Jahre war das rote Team weiterhin zu zweit, ehe im Januar 2022 Kathrin Klein, mitunter als Fachkraft für Inklusion, zum roten Team dazustieß. Sowohl Jörg, der aus familiären Gründen der Arbeit nicht mehr nachgehen konnte, als auch Kathrin, die ihr Glück fortan in anderen Bereichen der Sozialen Arbeit suchen wollte, verließen im Sommer 2023 das VfB Fanprojekt. Ihre Stellen beerbten Florian Güntert und Werkstudent Jannis Zeller, die beide im September 2023 dazustießen. Patrick Eberle vervollständigte das Team der Hauptamtlichen schließlich im Januar 2024.